„bus“-Ausgaben 2006

Ich betreute „Spree“ als verantwortlicher Redakteur, leitete jeweils die Produktion und gestaltete gemeinsam mit Stephan Lahl das Layout. Klick auf das Cover lädt das Heft als PDF.

#1/2006 „bus“: Mahlzeit

Editorial: „Mahlzeit.“ „Mal dir deine Zeit doch selbst.“ Herrlich, dieser Kalauer! Und wie originell sich der Sprecher dabei dünkt! Dieser köstliche Grad an Gewitztheit ist sicherlich nicht zu erwarten, wenn wir uns über Diäten und Essgewohnheiten informieren. Aber davon haben wir uns ja noch nie abhalten lassen.

Mahlzeiten sind nicht nur ein wichtiges Element in unseren persönlichen Überlebensstrategien. Sie gliedern auch unseren Tag in überschaubare Abschnitte: den kurzen Bereich vor dem Mensabesuch und den langen danach. Nach dem gängigen Klischee also den kurzen Zeitraum ohne und den langen mit üblem Gefühl im Bauch. Dieses Gerücht ließ sich jedoch nicht bestätigen.

Bestätigen können wir allerdings, dass Mahlzeiten eine durchaus erquickliche Zeitverbringungsmöglichkeit darstellen. So lange sie eben nur eine von vielen Möglichkeiten bleiben und nicht das Leben dominieren. Wer sich mehr für die anderen Möglichkeiten interessiert, kann sich ja voll Wissensdurst auf den Rest des Heftes stürzen, der die frühlingshafte Vielfalt textlich abbildet. 

#2/2006 „bus“: Gesicht zeigen

Editorial: „Zeigt her eure Füße, zeigt her eure Schuh...“, achja, die Kindertage sind lange her, und wie die nächsten Zeilen dieses Schlagers unserer unbeschwerten Zeit lauteten, müssen wir jetzt schon im Internet herausfinden. Deshalb schauen wir den Menschen auch lieber ins Gesicht als auf die Schuhe.

Jeder trägt sein Gesicht alltäglich vor sich her, zeigt es in Seminaren, Demonstrationen oder im Familienkreis her. Damit gibt der Zeigende viel von sich preis. Die Beschwernis des Alters ist an den Falten abzulesen, die schlaflosen Nächte an den Augenringen, die Nervosität an der zerkauten Lippe.

Genaugenommen möchten die meisten ihr Gesicht nur zu den wenigsten Gelegenheiten vorzeigen – wer gelegentlich im Freundeskreis fotografiert, kennt die Angst vor dem eigenen Gesicht. Aber ein Gesicht lässt sich nur auffällig verstecken und erst recht nicht zu Hause lassen. Was also tun?

Aus der Not eine Tugend machen und sein Gesicht offensiv in die Welt tragen, als Visitenkarte, Aushängeschild, Flirtanreiz, und natürlich sagt es mehr über dich aus als jeder Text, jeder Studentenausweis es könnte. 

#3/2006 „bus“: Luxus

Editorial: Willkommen in der Generation Luxus. Du brauchst keinen iPod, um dazuzugehören. Auch ein Laptop ist zwar praktisch, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass du Mitglied bist. Den alltäglichen Luxus von warmen gesunden Mahlzeiten, fließendem Wasser, Stromanschluss und Internetzugang können wir auch nicht zum Kriterium machen.

Aber du bist automatisch Mitglied, wenn du dich nach höherer Bildung sehnst und diese Sehnsucht erfüllen willst. Denn Deutschland ist sowohl finanziell als auch anteilsmäßig weit unter OECD-Durchschnitt im Bereich Hochschulbildung. Jaja, wirst du sagen, das ewige Gerede davon, dass Studieren Luxus sei – jetzt fängt „bus” auch schon damit an!

Aber wir wollen dir kein schlechtes Gewissen machen, sondern dich auffordern, es zu ge- nießen. Wir heißen dich in der Generation Luxus willkommen. Genieße es, dass du Zeit dafür hast, dir Gedanken zu machen über Weltfrieden, Waldsterben, gesunde Ernährung und andere wichtige Aspekte des nicht unmittelbar Überlebenswichtigen. Und solltest du einen iPod besitzen, dann genieße es, dir Lieder wie „Schlendern ist Luxus” von Ulla Meineke unterwegs anzuhören,verlangsame deinen Schritt und hänge deinen Gedanken nach.

Neben all den materiellen Aspekten von Luxus ist eines sicher: Heute ist nichts so sehr Luxus wie die Entschleunigung des Alltags, etwas Ruhe und Gelassenheit.

#4/2006 „bus“: Blau

Editorial: Stell dir vor, es ist Winter und keiner merkt es. Als verantwortungsbewusste Menschen interessiert uns natürlich der Klimawandel, auch wenn wir seine warmen Auswirkungen eher genießen als beklagen. Dennoch können wir nicht die Augen davor verschließen, dass es ihn gibt – Wissenschaftler allerorten geben es inzwischen zu. Wenn auch meist nur zögerlich.

Was der Klimawandel mit „bus” und dem Thema „Blau” zu tun hat? Dieser Gedanke ist uns unterwegs abhanden gekommen. Dennoch ist es ein tolles Thema, das uns jedoch nicht dazu verleiten sollte, die Augen vor den wirklichen Problemen der Welt zu verschließen. Außerdem sind auch Blauwale vom Klimawandel betroffen. Und Blaumeisen auch, wenn sie ein immer milderer Winter nicht mehr zwingt, alljährlich in unseren Futterhäuschen um Asyl zu bitten.

Wir befürchten sowieso, dass Futterhäuschenbasteln eine aussterbende Freizeitbeschäftigung ist und bedauern unsere Nachfahren, denen der Sinn dieser nützlichen Zeitverbringungsmöglichkeit kaum einsichtig sein dürfte. Aber vielleicht ist ja alles nicht ganz so schlimm, oder sind wir vielleicht doch etwas zu blauäuig?