Hinweise zur Sprache

Grundsätzlich

Sei klar! Sei eindeutig! Sag nicht, was du fühlst, sondern wie es ist:

  • Statt zu behaupten, jemand sei nervös, schildere seine Nervosität.
  • Statt zu behaupten, eine Tat sei grausam, lass den Leser selbst die Grausamkeit erkennen.
  • Statt zu behaupten, ein Ereignis sei ergreifend, erwecke beim Leser diesen Eindruck.

Ringe um das passende Wort.

Tipp aus der Praxis: Schreib erst mal runter. Dann nimm dir die Zeit und prüfe, ob die gewählten Worte jeweils das gemeinte wirklich treffend ausdrücken. Beispielsweise ist fast jedes „schon“ eigentlich ein „bereits“.

Sei geizig mit Worten. Zwei Ideen pro Satz (s.u.). Eine übergreifende Idee pro Absatz. Ein Hauptthema pro Artikel. Zusätzliche Aspekte können in begleitenden Artikeln (Kästen, Bildunterschrift, Kommentar, etc.) untergebracht werden.

Ein gut sprechbarer Text ist ein gut lesbarer Text.

Nutze für Fakten geeignete Darstellungen. Zahlen machen sich besser als Grafik als mitten im Text. Architekturvisionen leben von guten Skizzen, Bildern – mehr als von jeder blumigen Beschreibung. Abhängigkeiten oder physikalische Sachverhalte kann man in Diagrammen oder Schaubildern besser darstellen als mit Worten.

Die größten Feinde konkreter Sprache

Klischee: führende Vertreter führen Spitzengespräche

leere Phrasen: Freiräume der Mitverantwortung

überflüssige Mitteilungen: Der Deutsche Bauernverband hat sich gegen Subventionskürzungen in der Landwirtschaft gewandt. Die Grünen kritisierten erneut den Ausstieg aus dem Atomausstieg.

kaschierte Verantwortlichkeit: In Washington hieß es

Schwulst: Füllwörter radikal raus: dann, gar, ja, nun, wohl, selbstredend

Adjektive

Verwende Adjektive nur, wenn sie dem Sachverhalt etwas hinzufügen.

Vorsicht bei Adjektiven: ist ein xyz ABC etwas anderes als ein blankes ABC? Wo ein Adjektiv nicht zwingend benötigt wird, ist es falsch! schwere Verwüstungen, schwarzer Rabe, neu renoviert, restlos überzeugt, steile Felswände, schweren Verletzungen erliegen

Falsche Adjektivierungen: gesetzgeberische Erwägungen ./. Erwägungen des Gesetzgebers, konspirative Wohnung ./. Wohnung von Verschwörern, Die französische Anerkennung dieses Zustandes ./. Die Anerkennung dieses Zustandes durch Frankreich

Substantive

bildhaft, konkret: Blitz, Haus

bildnah, personifiziert: Treue, Neid

bildleer, abstrakt, gebläht: Verantwortung, Selbstbeherrschung (quasi alle auf -ung, -heit, -keit)

lebende Leichname: Zurschaustellung, Ingangsetzung, Inaugenscheinnahme

Grundsätzliche Regeln

keine Wortspiele mit Namen!

wegen + Genitiv; in der Schriftsprache lieber die „altertümliche“ Variante: wegen des schlechten Wetters

nach Artikel groß (Ausnahme: das fehlende Substantiv ist eindeutig): er half den anderen, beim Warten, zum Abnehmen,

Verben

Arbeite mit Verben! Aktive Verben treiben den Satz voran. Statt „der Beschluss war von den Leuten getroffen worden“ (oje, Nominalstil und Passiv in einem!) lieber „die Leute beschlossen“, statt „der Andrang an der Kasse war größer als sonst“ (gähn) lieber „die Leute drängelten sich stärker als sonst, um eine Eintrittskarte zu ergattern“ (zwei starke Verben).

Verben statt Hauptwörter! aus Gründen der Zugänglichmachung eines Gebäudes, nach Instandsetzung der Bauten, beim Unterbleiben einer Inangriffnahme des Projektes

Passiv vermeiden: Die Verschiebung der Anpassung der Freibeträge und Bedarfssätze nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz um ein halbes Jahr auf den 1. April 1982 ist von der Westdeutschen Rektorenkonferenz als unvertretbar kritisiert worden. (Frankfurter Rundschau, 2. 6. 1981) ./. Die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat kritisiert, dass XY die Anpassung der Freibeträge und Bedarfssätze nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz um ein halbes Jahr auf den 1. April 1982 verschoben hat.

hässlich, wenn ein zweites vom ersten abhängt: Grund genug für den DGB-Vorstand, dem Gewerkschaftsnachwuchs zu verbieten, sich dem Aufruf anzuschließen.

Allgemeine Hinweise

Vorsicht vor: Tautologie: die Erlaubnis, den Sitzungssaal betreten zu dürfen

Vorsicht vor: Synonym (nur wenn sie für den Sachverhalt wichtig sind): HU-Präsident Mlynek … der aus Konstanz Stammende ging in seiner Rede auf die Exzellenz ein – ist es für den Zusammenhang wirklich wichtig zu wissen, dass er aus Konstanz stammt?

Fremdwörter sind zu vermeiden. Gibt es eine gute deutsche Übersetzung, ist diese zu verwenden; Ausnahme: es ist ein Fachbegriff (dann mit deutscher Übersetzung kombinieren): Relevanz ./. Bedeutung, Präsenz ./. Anwesenheit/Gegenwart … viele Postscript-Fonts. Diese speziellen Zeichensatz-Dateien sind oft sehr teuer.

gilt besonders für Anglizismen: Teenager ./. Jugendliche

Sätze lieber kurz als lang; wenn schon lang, dann kein Bezug von ganz hinten nach ganz vorn, sondern linear: Er erkannte sie, weil sie sich mit dem Rücken zu ihm drehte und mit einem anderen Mann, den er nicht einzuordnen vermochte und den er noch niemals sah, obwohl er doch sonst über ein gutes Gedächtnis für Menschen verfügte, das ihn aber diesmal im Stich ließ, nicht.

Absätze gliedern den Text in Sinneinheiten. Nur ganz selten ergibt ein einzelner Satz einen Absatz, üblich sind drei bis zwölf Sätze (sechs bis zwanzig Druckzeilen; Nachricht-Länge)

Sprachklischees und -widersprüche vermeiden! Vorsicht bei Metaphern oder Sprachbildern! Diese eröffnen mitunter ganz neue Bedeutungsebenen, die beim tieferen Nachdenken ins komplette Gegenteil führen.

kurze, wenig verschachtelte Sätze: Das Buch kann leicht missverstanden werden, insbesondere Menschen, die das Lesen nur selten praktizieren oder noch gar nicht gelernt haben, weil sie entweder zu jung sind oder aus anderen Gründen nicht in der Lage waren, eine Schule zu besuchen, was für uns zwar selbstverständlich ist, in anderen Kulturkreisen, über die das Buch ja ausführlich berichtet, aber eher die Ausnahme darstellt, werden es problematisch finden, aber wenn sie sich einmal daran gemacht haben, sich durch die Zeilen, die fast stakkatomäßig Fakt an Fakt reihen, zu kämpfen, werden sie von dem Inhalt mehr als belohnt, auch wenn man zugeben muss, dass oft eher Klischees bedient werden.

auf Bezüge innerhalb eines Satzes achten: Sie sah bei ihm den Koffer, der gerade aus Paris zurückkam.

auf die Satzstellung achten

Passiv ist zu vermeiden

immer angeben, wer etwas tut: die neuen Regeln sollen umgesetzt werden ./. die Institute sollen die neuen Regeln umsetzen, das Erstellen/die Erstellung des Berichts durch die Kommission ./. die Kommission erstellte den Bericht

Ausnahme: Leiden. Beim Unfall wurden viele verletzt.

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