Zehn Gebote für das Präsentieren

Dieser Text wurde 2013 für ein Studentenmagazin verfasst.

Studieren bedeutet Wissenszuwachs durch Lesen, Zuhören und Diskutieren. Oft bist du Präsentationen von Dozenten und Kommilitonen ausgesetzt – und gelegentlich musst du selbst eine abliefern. Wenn du dir vor Augen führst, was dich an fremden Präsentationen stört und was dir daran gefällt, hast du bereits wichtige Anhaltspunkte für eine gute eigene. Oder du orientierst dich an den zehn Geboten, die wir für dich aus vielen Semestern destilliert haben.

1. Du sollst sorgfältig wählen

Wann immer möglich, suchst du dir ein Thema, das dich interessiert. Ein Thema, über das du bereits ein wenig weißt. Wenn du dein Thema nicht magst oder sogar hasst, wirst du keine gute Präsentation abliefern können. Referategruppen oder das Tauschen von Themen sind Auswege, wenn im ersten Anlauf für dich nichts Brauchbares dabei war.

In einer Referategruppe teilt ihr gemeinsam euer Thema so auf, dass jeder etwas Interessantes abbekommt. Oder ihr verteilt die Aufgaben: Gemeinsam erarbeitet ihr das Thema, einer kümmert sich um die Präsentationsfolien, einer ums Handout und zwei um das Reden.

2. Der Inhalt soll dich leiten

Kenne dein Thema. Richtig gut. So gut, dass du stundenlang darüber sprechen könntest, statt nur die zugestandenen 20 Minuten. Nur dann bist du in der Lage, das Wichtige herauszuarbeiten. Nur dann bringt dich keine Nachfrage aus dem Konzept. Nur dann besitzt du die nötige Souveränität – schließlich ersetzt du für eine Zeitlang den Dozenten.

Wikipedia-Einträge mögen dir einen guten Überblick geben. Aber diese lesen alle, vielleicht sogar während deiner Präsentation. Nur mit Online-Quellen hast du selten einen Wissensvorsprung. Nicht grundlos gibt dir dein Dozent Lektüreempfehlungen, spätestens auf Nachfrage. Heißer Tipp: Lies mindestens einen Aufsatz mehr zum Thema als dir gesagt wird. Das bringt frischen Wind in deine Ausführungen, und die meisten Dozenten würdigen eine Prise Eigenständigkeit.

3. Du sollst nicht langweilen

Wie oft hast du bei einer Präsentation gegähnt, selbst wenn dich das Thema interessiert. Woran lag es? Wurde nur erzählt, was gleichzeitig auf den Folien oder im Handout zu lesen war? Ratterte die Stimme nur monoton die Fakten herunter, als würde sie einen Essay vortragen? Wurde jede Frage nur rhetorisch gebraucht und gleich selbst beantwortet? Dann weißt du, was zu vermeiden ist.

Illustriere deine Argumente mit überraschenden Beispiele, das kann auch ein Cartoon oder ein knackiges Zitat sein. Gönne dir gelegentlich eine flapsige Bemerkung. Provoziere die Intelligenz, indem du scheinbare Widersprüche präsentierst, erstaunliche Konsequenzen oder Nebenwirkungen von Thesen vorstellst oder einen Gedanken in einer Kette bewusst überspringst. Natürlich löst du anschließend die Widersprüche auf, relativierst die Konsequenzen und Nebenwirkungen und sortierst die Gedankenkette wieder. Währenddessen hören dir alle interessiert zu.

4. Du sollst einer Dramaturgie folgen

Teile deine Präsentation in fünf Blöcke. Zuerst umreißt du das Thema: In welchem Kontext steht es, wo knüpft es an bereits Gesagtes an. Anschließend nennst du die zwei bis maximal drei Kernpunkte deiner Präsentation; die erzählst du noch über die erste Folie.

Der dritte Block macht mehr als zwei Drittel aus: Du lieferst deine Argumente, Gedankenkette, Fakten und alles, was dir wichtig ist. Wenn möglich lässt du dabei oder direkt im Anschluss Fragen zu, um Missverständnisse gleich auszuräumen. Du übernimmst nicht den Aufbau deiner Ausgangslektüre, sondern sortierst und wichtest Fakten und Argumente und baust eine eigene Gedankenkette. Idealerweise reicht jede Folie für jeweils drei bis sieben Minuten Redezeit.

Als vierten Block fasst du die wichtigsten Punkte oder Erkenntnisse zusammen (auf einer einzelnen Folie). Zum Schluss verabschiedest du dich oder – wenn das vorgesehen ist – leitest zur Diskussion über.

5. Du sollst eine klare Linie haben

Weniger ist mehr. Gerade bei Präsentationsprogrammen. Was auf dem Monitor toll aussieht, wirkt auf der großen Beamerfläche zumeist protzig und laut. Deshalb verwendest du deutliche Schriften, wenig Farbspielereien, klare Kontraste, kein Rot auf Schwarz, Bilder in guter Auflösung. Benutze so wenige Animationen wie möglich, für Folienübergänge stets die selben. Halbiere dabei die vorgeschlagene Übergangsdauer: 0,5 Sekunden sind besser als eine ganze Sekunde.

Jede Folie folgt dem selben Aufbau: Klare Überschrift, darunter entweder ein Zitat oder maximal sechs kurze Aufzählungspunkte oder ein Bild mit höchstens zwei Zeilen Erklärtext. Auf jeder Folie stehen unten in Klein das Thema und die Foliennummer.

6. Du sollst keine Performance abliefern

Manche Menschen lieben es, Vorträge zu halten. Die sollten sich etwas zurücknehmen. Wer lieber nur zuhören würde, nun aber vorn stehen soll, muss sich klarmachen: Warum tue ich das? Nein, nicht weil ich muss. Sondern weil das Thema für meine Kommilitonen wichtig ist, so wie deren Themen für mich.

Deshalb ist es wichtig, dass du dein Thema kennst. Du bist Dienstleister. Du bist nur der Bote für dein Thema.

Bevor du dich öffentlich präsentierst, übst du mindestens dreimal, für dich allein, mit Mitbewohnern oder Freunden oder Kommilitonen. Nimm das Tempo aus deiner Rede, setze Pausen, bügele Schwachstellen aus und sei mit deiner Präsentation so vertraut, dass du immer an die richtige Stelle zurückfindest, wenn einer etwas dazwischenfragt. Behalte die Zeit im Blick.

7. Du sollst deine Werkzeuge lieben

… oder zumindest souverän beherrschen. Egal ob dein Werkzeug PowerPoint, Keynote, Prezi, Impress oder sonstwie heißt. Egal ob du mit Overhead-Projektor, Tafel oder Whiteboard oder Flipchart arbeitest. Jedes Werkzeug hat seine Vorteile, Nachteile und Grenzen.

Präsentationsprogramme sind linear, du kannst von der Folienreihenfolge nicht abweichen – deshalb sind wenige Folien ohne Animation praktisch, denn bei Bedarf springst du schnell hin und her. Tafel und Flipchart eignen sich, um – wenn möglich gemeinsam – Gedanken zu entwickeln. Eine sich stückweise aufbauende Gedankenkette via Präsentationsprogramm wirkt albern. Du zeigst Folien immer sofort komplett und fügst während deiner Ausführung allenfalls noch eine Hervorhebung hinzu.

Wenn möglich verwendest du eine Fernbedienung für deine Präsentation, oder ein Kommilitonen schaltet für dich die Folien weiter. Laserpointer brauchst du nur, wenn du auf Details in Bildern oder Zeichnungen hinweisen möchtest.

Achja, natürlich beherrschst du die entsprechende Sprache fließend und hast alle Fehler aus deiner Präsentation und dem Handout getilgt.

8. Du sollst deine Ansprüche erfüllen können

Zuallererst machst du dir klar, was du als Zuhörer erwarten würdest. Dann schätzt du ein, ob du in der Lage bist, diese Erwartung zu erfüllen und was du noch tun musst, um das zu schaffen.

Niemand erwartet von dir eine mitreißende Ein-Mann-Multimediashow (sofern keine explizit gefordert ist). Von dir wird erwartet, dass du ein Thema in verschiedenen Facetten und Argumente präsentierst. Mehr nicht. Das kannst du. Wenn du dich gut vorbereitest.

9. Du sollst dich verabschieden

Verabschiede dich zunächst von deinen Hilfsmitteln bei der Erstellung. Dampfe dein Redemanuskript auf maximal zwei Seiten mit Stichpunkten ein, oder nutze die Notizen deines Präsentationsprogramms, die dir auf dem Laptop-Monitor angezeigt werden. Die wichtigsten Bücher deiner Vorbereitung hast du dabei, und wenn es passt, trägst du ein Zitat direkt aus dem Buch vor – das wirkt lebendiger, als es vom Zettel oder Beamer abzulesen.

Kommst du in Zeitverzug, bittest du offensiv um drei bis fünf Zusatzminuten. Würdest du mehr brauchen, hast du dich schlecht vorbereitet. Dann ist es nur fair, dass du ad hoc einkürzt.

Ist der Schlusspunkt erreicht, bedankst du dich niemals für die Aufmerksamkeit! Nur weil keiner geschnarcht hat, heißt das nicht, dass alle aufmerksam waren. Soll sich eine Diskussion anschließen, präsentierst du deine Fragenvorschläge und nimmst die Folie erst weg, wenn der Diskussionsleiter darum bittet oder du feststellst, dass ihr euch von deinen Fragen entfernt.

Wie kommst du von der Front-Position zu deinem Sitzplatz im Auditorium? Gibt es keine Fragen zu deiner Präsentation, dann weise darauf hin, dass die Präsentationsdatei online zur Verfügung steht – der Link steht auf der letzten Folie oder auf dem Handout. Der Dozent wird im richtigen Moment etwas sagen oder dein Publikum sich bei dir bedanken. Jetzt ist der passende Moment für ein schlichtes „Danke“, und du setzt dich.

10. Du sollst in Erinnerung bleiben

Du hast ein gutes Handout mit allen Literaturhinweisen, den wichtigsten Aussagen oder Zitaten zu deinem Thema und dem Link, wo dein altes Redemanuskript, Literaturlinks und -exzerpte und weitere Unterlagen zu finden sind. Und natürlich die Präsentationsdatei, idealerweise zusätzlich als PDF oder Bilddateien, denn nicht jeder kann jedes Format aller Programmversionen nutzen.

Außerdem bleibst du in Erinnerung, weil du ein gutes Referat abgeliefert hast, das in Aufbau und Präsentation überzeugt. Weil du keine Show abgeliefert hast. Weil du souverän alle Fragen entweder direkt beantworten konntest oder die Antwort nachgereicht hast.

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